Gestern habe ich mir das CMMN SNS PRJCT von Laura Kalauz und Martin Schick angesehen.
Der Teaser zum Stück lautet:
CMMN SNS PRJCT beschäftigt sich mit Zwischenräumen im sozialen Beziehungsnetz. Welche Konventionen, Gewohnheiten und stillen Vereinbarungen bestimmen das menschliche Handeln und Denken im Angesicht eines Gegenübers? Laura Kalauz und Martin Schick heften sich an die Spuren des „common sense“ und gehen abseits des ökonomischen Profitgedankens neuen Verhaltenskategorien auf den Grund. In einer Ode an die Unvollständigkeit werden Zuschauer- und Bühnenraum zum Schauplatz einer Verhandlung über eingefahrene Verhaltens- und Denkweisen, in der Vertrautes und Ungewohntes aufeinandertreffen.
Da sehr viel in relativ kurzer Zeit passiert ist, werde ich keine klassische Kritik schreiben, sondern das ganze anhand von Bildern anschaulicher machen:
Laura Kalauz und Martin Schick stehen auf der Bühne. Beide tragen lediglich Unterwäsche und sehen uns, dem Publikum, beim Einnehmen der Plätze zu. Danach bieten sie uns Gegenstände an. Who wants that? Es wird seichte, fröhliche Kaufhausmusik im Hintergrund gespielt.

Es sind Alltagsgegenstände. Von der Klobürste über Haarshampoo bis hin zur Teetasse und zum Toaster. Es ist alles dabei. Für beinahe jeden Gegenstand findet sich jemand im Publikum, der ihn will. Fast nichts bleibt übrig.

Die Sachen, die dann aber doch übrig bleiben, werde in Pakete verpackt. Laura erklärt, dass diese Gegenstände wieder in ihr Herstellungsland zurück gebracht werden müssen.

Nachdem sie ihre Dinge verschenkt haben, möchten sie etwas vom Publikum haben: Kleidung. Martin bietet im Gegenzug Geld an. Der erste Zuschauer will seinen Gegenstand wieder zurückgeben.

Laura und Martin verschwinden für einen kurzen Moment und kommen angezogen wieder zurück auf die Bühne. Sie reden über Liebe und Laura meint zu Martin: „You love talking nonsense.“

Martin geht zum Podest.

„I want to share something with you …“ Beide lesen kurze Texte vor, sie zitieren, ohne den Urheber zu nennen. Nach dem Vorlesen verteilen sie die Texte im Publikum.

Die Musik stoppt. Laura und Martin beginnen zu tanzen.

Nach der etwas holprig wirkenden Tanzeinlage, beginnt eine Auktion.

Unter den Hammer kommt die CMMN SNS PRJCT – Lizenz. Die Bedingungen und das Kleingedruckte werden auf eine Tafel projiziert.

Martin präsentiert den Vertrag, natürlich total sexy.

Um 50 Euro wird dieser dann an einen jungen Mann im Publikum verkauft.

Die beiden geben dem Publikum immer wieder Rätsel auf. Sie spielen, ohne Ankündigung, Filmszenen nach, wie beispielsweise aus “Titanic”. Das Publikum muss erraten, um welchen Film es sich handelt. Wird die Szene nicht erraten, wird diese solange wiederholt, bis das Publikum die richtige Antwort errät. Für jede richtige Antwort bekommt man ein Billet. Am Schluss wird der Gewinner des Spiels gezogen.

Abschließend wird eine Liste der Ausgaben und Einnahmen des Abends erstellt. Martin hat Schulden und für die Hose, die er von einer Dame aus dem Publikum bekommen hat, bezahlt. Nach der Kostenaufstellung steht jedoch fest, dass sie zu viel Geld haben. Sie fragen das Publikum, was mit dem Geld passieren soll. Die Gewinnerin des Spiels will alles für sich. Eine, die Kleidung geborgt hat, will nun doch Geld dafür. Ein anderer schlägt vor, dass wir an der Bar für alle Zuschauer Bier kaufen sollten.

Es ist absurd. Plötzlich will jeder etwas vom Kuchen haben. Es wird abgestimmt, den meisten im Publikum ist es egal. Daher legt Martin das Geld auf den Boden und geht. Einer aus dem Publikum steht prompt auf, um sich sein geborgtes Geld zurück zu holen. Ende.

„I want no debts.“
Es passiert unglaublich viel. Das CMMN SNS PRJCT lebt vom Publikum und genau das hat gestern gut gepasst. Die Leute haben sich darauf eingelassen. Sie haben mitgespielt ohne wirklich zu wissen, dass sie mitspielen. Martin will etwas haben, als sich Laura etwas wieder zurück nimmt. Laura meint: „I’ll give you something“, und gibt Martin eine Ohrfeige. Dieser blutet ein wenig und möchte ein Taschentuch aus dem Publikum haben. Ein junger Mann gibt ihm eines. Martin meint „What do you want? I want no debts.“ Er schlägt vor, 20 Cent für das Taschentuch zu bezahlen, diese muss er sich jedoch von jemand anderem im Publikum leihen. Die 20 Cent will er jedoch zurück zahlen. Aus 20 werden 50 Cent. Am Ende sind es 20 Euro.
In einer anderen Szene sprechen Laura und Martin über Ownership und zitieren aus der Bibel. Laura fragt: „My mind is not mine?“ An einer anderen Stelle machen sie den Text und das Stück selbst zum Thema.
Sehen und bestaunen
Die Performance beinhaltet viele Themen, am Ende wird der Zuschauer jedoch im Regen stehen gelassen. Viele verschiedene Aspekte werden in einen Topf geworfen, umgerührt und ausgespuckt. Das Ganze wird unterhaltsam präsentiert. Wenn man rausgeht, ist man dennoch etwas verwirrt. Es sind viele Eindrücke, die erst einmal verarbeitet werden müssen. Kalauz und Schick schaffen es jedoch, das Publikum von der ersten Sekunde an zu fesseln. Man will gar nicht mehr wegsehen. Man baut eine Beziehung zu ihnen auf. Man vertraut ihnen auch. Unterhaltsam, interessant, spannend und bestimmt jeden Tag anders. Absolut sehenswert!
Mehr Fotos gibt es auf Flickr zu sehen.
Heute, 13.04, wird CMMN SNS PRJCT um 19:00 Uhr im Konzerthaus ein weiteres Mal aufgeführt.
UPDATE: (23. Mai 2011) Leider mussten die Bilder offline genommen werden.